Am Donnerstag hatten wir schon mittags Schluss, das Osterwochenende begann. Was lag also näher, als die Sachen zu packen und eine kleine Reise zu unternehmen?
Am Dienstag hatte ich mich über den
Hospitalityclub um eine Schlafstätte bemüht. Ein deutscher Masterstudent an der Technischen Universität Luleå stellte uns seine gerade leergeräumte Wohnung auf dem Campusgelände zur Verfügung, sodass ich davon ausging, sogar noch ein bisschen Studentenluft schnuppern zu können. Als wir gegen sechs Uhr abends dort ankamen, waren auch tatsächlich noch viele junge Leute zu sehen.
Nach Abendbrot aus mitgebrachtem Brot und Käse zogen wir also los, das Studentenleben zu erkunden. Nur fünf Fußminuten entfernt lagen auch die ersten Universitätsgebäude, romantisch mit Schnee bedeckt und von kugelförmigen Laternen beleuchtet. Die Anlagen waren meistens zweigeschossig, und wenn man durchs Fenster hineinlugte, sah man Hörsäle und Cafeterias im IKEA-Stil. Die Uni ist ein Traum!
Ab und zu kamen uns jüngere Menschen entgegen, auch mal mit geschulterten Skiern, allerdings nie in größeren Grüppchen. Insofern war also nicht auszumachen, wo der Studentenclub liegt. Nachdem wir an mehreren gastronomischen Einrichtungen das großgeschriebene "Geschlossen" gelesen hatten, dämmerte es uns: Ostern! Das ist die Zeit, wo man nach Hause fährt und Zeit mit seiner Familie verbringt. So macht es doch unser Gastgeber auch! (Der ist nämlich am nächsten Morgen nach Deutschland geflogen) Naja, es war ja eh schon später, also gingen wir zurück in die Wohnung, lasen ein wenig und schliefen gegen 10 Uhr abends ein.
Für den Freitag hatten wir uns schon ein wenig mehr vorgenommen. Wir wollten zum
Teknikens Hus (dem lokalen Naturwissenschaftsmuseum), zu einem An- und Verkauf (mein Schreibtisch ist immer noch sehr provisorisch), in Sportgeschäfte und außerdem nach Gammelstad, dem ursprünglichen Ortskern Luleås.
Zuerst besuchten wir das Teknikens Hus, was praktischerweise auch im Universitätsgelände liegt. Studenten der LTU haben dort freien Eintritt und auf Nachfragen bekamen auch wir zwei Eintrittskarten ohne Bezahlung. Was uns dort auf knappen 200 m² erwartete, erstaunt mich selbst im Nachhinein noch. Es wurde fast alles, was kleine und große Kinder begeistern könnte, aufgefahren. So saßen wir im Cockpit einer SAAB2000, konnten einen Bagger bedienen, Zug fahren, virtuell eine Stahlwerk bedienen, Papier schöpfen, Pappe stanzen, und und und. Natürlich wurden die meisten Aktivitäten auch noch so erklärt, dass auch jeder verstand, warum nun zum Beispiel ein Flugzeug fliegt. Und das auf Schwedisch UND Englisch. Selbst die Vorführung im Planetarium hätte die nette Pädagogin nochmal für uns in Englisch wiederholt. Hut ab!
Das Museum gibt es seit 20 Jahren und wird von größeren Betrieben wie der LKAB und Vattenfall unterstützt. insofern war es auch verständlich, dass sich viele Ausstellungsthemen um Eisen, Stahl und Energie drehten. Aber auch nicht-technische Dinge wurden beleuchtet, wie zum Beispiel gesunde Ernährung oder Lebewesen im Wald. Wusstet Ihr, dass eine Bärentatze einen größeren Abdruck hinterlässt als eine menschliche Hand? Zumindest meine menschliche Hand...
Nachdem wir fast vier Stunden im Teknikens Hus verbracht hatten, fuhren wir in die Stadtmitte, wo Michael nach einer neuen Winterjacke sehen wollte. Das Auto hatten wir für eine halbe Stunde auf einen Kurzzeitparkplatz gestellt und suchten nun die Touristeninformation. Auf dem Weg dahin fiel uns schon auf, dass es mit Einkaufen wohl nichts wird, denn außer einem Geschäft waren alle für die gesamten vier Ostertage geschlossen. Als die Information dann auch noch ein "STÄNGT"-Schild auwies, machten wir ziemlich lange Nasen. Da fährt man extra 300 km gen Süden und dann ist alles zu!
Ähnlich widerfuhr es uns mit der Kirche in Gammelstad, die "wochentags von 10 bis 14 Uhr geöffnet" ist. Glücklicherweise wurde für 18:00 Uhr ein Karfreitagskonzert angekündigt, sodass wir uns noch ein bisschen die Zeit vertrieben und halb sechs wieder auf der Matte standen. Die Musik war sehr schön, ich habe leider vergessen von welchem Komponisten. Es handelte sich um ein Streichkonzert, die den Weg Jesu zum Kreuz beschreibt, und zwischen den Sätzen wurden auch Bibelverse rezitiert.
Gammelstad ist übrigens ein altes Dorf, in dem mehrere hundert Häuschen um die Kirche angelegt sind. Die Gebäude sind allesamt so klein, dass man kaum darin wohnen kann und tatsächlich dienten sie früher nur als Übernachtungsmöglichkeit für die Bauern vor dem sonntäglichen Kirchgang. Heute ist die Stadt als Welterbe der Unesco ausgezeichnet und muss somit für die Nachwelt erhalten bleiben. Erinnerte mich an die Heimat!
Somit war der kulturelle Teil unseres Ausfluges auch schon beendet - wir gingen abends noch in einen Pub, in dem wir zwar keinen Alkohol, dafür aber Pizza und Burger bestellten. Unser Gesprächsthema war größtenteils - passend zum Praktikum - Photovoltaik, was ich in einem späteren Post gerne ausführen möchte... In dem Pub trafen wir auch unsere erste betrunkene Schwedin, hohe Preise schrecken eben doch nicht ab ;)
Und nun ist es schon wieder Samstag, wir waren doch noch einkaufen (das eine offene Geschäft in der Innenstadt entpuppte sich als Einkaufszentrum) und sind die 300 km auch wieder zurück in den Norden gefahren. Macht zweimal Polarkreisüberquerung! Mehr über die Straßenverhältnisse später...
MuTZelchen - 22. Mär, 15:30