Nachdem ich ganze 1042 mit der Inlandsbana (Inlandsbahn) durch Schweden getuckert bin, möchte Euch dieses "Erlebnis", wie es von der Werbung versprochen wurde, nicht vorenthalten. Zuerst einmal ein fotografischer Eindruck, welches Marketing die Betriebsgesellschaft an den Haltestellen des Zuges betreibt:
Neben diesen schönen Fahnen findet man in vielen Reiseführern und Zeitungen den Hinweis, wie schön eine Fahrt durch die Mitte Schwedens mit dieser Bahn sei. Die Inlandsbana selbst gibt sowohl ein kleines Reisemagazin als auch einen kulinarischen Führer entlang der Reise heraus, der viel erwarten liess. Da ich sehr gerne Zug fahre und auch schon einige interessante bis touristische Strecken (ich sage nur: Harry-Potter-Zug) gefahren bin, erwartete ich also einen etwas älteren Zug mit mehreren Abteilen, klassisch gekleidetem Zugbegleiter und einer Durchsprechanlage, die geographisch-kulturelle Informationen an die Reisenden weitergibt.
So war ich dann schon etwas überrascht, als ich am Montagmorgen am Gällivarer Bahnhof stand und genau EINEN Waggon, an eine alte Straßenbahn erinnernd, vorfand. Dazu eine junge Frau in schwarzer Stoffhose, rotem T-Shirt, Jacke und schwarzem Basecap. Eine Uniform, die mich stark an meine Zeit als Gästebetreuerin bei Eurocamp erinnerte...
Als wir lostuckerten, stellte sich heraus, dass die Lautsprechanlage leicht defekt sei, sodass die Begleiterin wechselnd per Mikrofon und direkt im Abteil über die nächsten Stopps referierte. Den Anfang der Strecke kannte ich ja schon: Porjus, Vajkijaur, Jokkmokk - alles Orte, die mit weniger als 2 Autostunden Entfernung quasi direkte Nachbarschaft von Gällivare waren. Am Polarkreis, den ich diesmal an einer anderen Stelle als mit dem Auto überquerte, machte die Bahn natürlich einen obligatorischen Halt. Und wie später noch oft, stand ein netter Norrländer mit Souvenirs und Erfrischungen bereit, der sogar ganz lieb in meine Kamera lächelte:
Die Haltepunkte nach dem Polarkreis waren allesamt neu für mich, allerdings auch meist dasselbe: ein oder zwei Häuschen an der Strecke der Inlandsbana, deren Einwohner wahrscheinlich von den Einnahmen des zwei Monate andauernden Inlandsbana-Tourismus leben. Der Fahrplan beinhaltete länger Essenspausen an solchen Stellen, da in der Bahn selbst keinerlei Gastronomie angeboten wurde. Manch ein Ort an der Strecke hatte auch noch etwas Besonderes zu bieten, wie ein kleines Eisenbahnmuseum oder Verkäufer in traditioneller schwedischer Tracht. Für 14 Stunden Fahrt waren dann die Attraktionen für mich dann aber doch etwas dünn gesät. Lag natürlich nicht an der Inlandsbana, sondern der Bevölkerungsarmut Norrlands. Außerdem muss ich zugeben, dass mich nach drei Monaten Gällivare die Natur nicht mehr wirklich beeindruckt hatte. Im Gegenteil, jedes bisschen mehr Grün am Weg (Wiesen und Felder gibt's in Lappland quasi nicht) ließ mich auf den "Süden" hoffen. Und immerhin, die Inlandsbana lässt sich ja auch was einfallen - am Pite-Fluss konnten wir alle aussteigen, zu Fuss über die alte Eisenbahnbrücke laufen und dann fleißig Fotos von der Zugüberquerung schießen:
Halb neun abends kam ich in Östersund an, wurde dort von netten Schweden abgeholt, mit denen ich den nächsten Tag und zwei sehr nette Abende verbrachte (Besuchstipp: Jamtli, das Freiluftmuseum!). Am Mittwoch begab ich mich dann auf die zweite, kürzere Strecke der Inlandsbana, von Östersund bis Mora. Diese hatte dann für mich einen höheren Erlebniswert, und zwar deswegen
- mehr Orte und Menschen, die ich entlang der Reise beobachten konnte
- mehr "Attraktionen" am Weg, zum Beispiel der Kühlwasserzufluss zur alten dampfbetriebenen Inlandsbana aus einem höhergelegenen See (siehe Foto unten)
- nette Unterhaltungen mit dem Zugbegleiter und deutschen Mitreisenden
- Kollision mit einem Auerhahn, der das ganze leider nicht überlebte - zwei Tage vorher mussten wohl zwei Rentiere dran glauben
- Seen, Wiesen, Felder, rote Häuser - Dalarna, das Herz Schwedens
Fazit meiner Reise mit der Inlandsbana: fahren, denn damit unterstützt man den inländischen Zugverkehr! Aber die Strecke zwischen Östersund und Gällivare in kleinere Teilstrecken unterteilen und Wandertage an den Stationen einlegen. So bekommt man einen besseren Eindruck über norrländisches Leben, die karge Natur und erspart sich vor allem 14 Stunden Sitzen. Für die Rückfahrt würd ich dann allerdings die Strecke über Lulea und Stockholm empfehlen... Reiseanfragen bitte an mich ;)
MuTZelchen - 9. Jul, 09:09